Einen Termin beim Arzt zu bekommen ist heutzutage so etwas wie ein kleiner Lottogewinn: Hausarztpraxen sind überlastet, nehmen zum Teil keine Patienten mehr an. Facharztpraxen haben Wartezeiten von mehreren Monaten. Mit dem Info-Abend "Hilfe! Kein Termin beim Arzt" hat sich die SPD Neu Wulmstorf dem brisanten Thema öffentlich angenommen, Ursachen und Fakten zur Situation aufgezeigt und gemeinsam mit dem Allgemeinmediziner Norbert Eckhardt mögliche Lösungswege eruiert.
Es ist schon ein Stück weit blanker Hohn: "Gefühlt ist Neu Wulmstorf medizinisch unterversorgt", eröffnet Rosy Schnack (Foto links), Vorsitzende der SPD Neu Wulmstorf den Info-Abend zum Thema "Hilfe! Kein Termin beim Arzt! - Was kann Lokalpolitik tun?", "immer mehr Menschen haben in zunehmendem Maße Schwierigkeiten, einen Termin beim Arzt zu bekommen." Die aktuellen amtlichen Bedarfszahlen der Kassenärztlichen Vereinigung
(siehe Foto links), wie viele Ärzte sich im Verhältnis zur Einwohnerzahl überhaupt niederlassen dürfen, sprechen jedoch ganz klar von einer Überversorgung in unserer Gemeinde: "Neu Wulmstorf hat knapp 23.000 Einwohner", erläutert Bürgermeister Wolf-Egbert Rosenzweig das bürokratische Wirrwarr, "laut KV dürften wir hier beispielsweise keinen Kinderarzt haben, auch keinen Augenarzt."
Dennoch gibt es - andernfalls gäbe es wohl kaum die oben genannten Terminschwierigkeiten - offenbar zu wenig Ärzte, nicht nur in Neu Wulmstorf, sondern im gesamten Landkreis, in ganz Deutschland. "Das wiederum liegt unter anderem auch daran, dass freie Hausarztsitze - für den Landkreis Harburg sind das aktuell 25 - nicht oder nur schwer besetzt werden können", weiß Norbert Eckhardt, Facharzt für Innere und
Allgemeinmedizin aus Fischbek sowie Lehrbeauftragter der Universität Hamburg (links im Bild), "die Generation der jungen Ärzte hat andere Wünsche an den Beruf als meine Generation. Das sind vor allem geregelte Arbeitszeiten, mehr Zeit für die Familie, sich nicht bis zum Ende der Erwerbstätigkeit auf einen Arbeitsplatz festlegen und nicht mit betriebswirtschaftlichen Belangen zu tun zu haben zu müssen - all das passt wiederum
schwerlich zu den Anforderungen einer Tätigkeit in selbständiger Praxis".
Was also kann die Kommunalpolitik tun, um das Problem "Hilfe! Kein Termin beim Arzt"- anzupacken? Kann sie bei einer dermaßen schwierigen Ausgangslage überhaupt etwas tun?
"Wir haben heute Abend über Dinge gesprochen, die auf Landkreisebene bewirkt werden könnten", berichtet Thomas Goltz, SPD Gemeinderatsmitglied in Neu Wulmstorf, "wir sind als SPD schon dabei, etwas zu initiieren. So haben wir beispielsweise vielleicht die Möglichkeit, einen Modellversuch mit einem Medizinischen Versorgungszentrum zu starten, und das nicht alternativ, sondern als ergänzende Leistung."
Es gibt also Hoffnung - verschiedene Ideen, und in jedem Fall tatkräftige KommunalpolitikerInnen in Neu Wulmstorf, die das Thema "Medizinische Versorgung" von gleich mehreren Seiten anpacken wollen. Detaillierte Informationen darüber hat das NETZWERK NORDDEUTSCHLAND mit den Referenten im folgenden Interview zusammengefasst:
Fotos + Video: Regina Buyny
Interview: NETZWERK NORDDEUTSCHLAND - Sylvia Karasch